Hammerfest - Nordkapp - Hurtigruten

16. Tag: Hammerfest - Honningsvåg

Wir wachen ungewöhnlich früh auf, obwohl die guten Verdunkelungsvorhänge das Zimmer in Finsternis hüllen. Ist das schon die Nervosität vor der letzten langen Etappe? Egal, jetzt erst mal ordentlich frühstücken! Die Internet-Bewertungen sprechen von einem sensationellen Buffet, hier im Scandic Hammerfest, und wir stellen fest - sie untertreiben alle maßlos.

Was hier geboten wird, das übertrifft viele Buffets, die wir schon hatten. Es ist fantastisch! Während Angelika sich Würstchen, Baked Beans und Spiegeleier auf den Teller häuft, langt Didi bei Fisch und Meeresfrüchten kräftig zu...

Wir schauen dabei aus dem Fenster aufs Meer und sehen graubewölkten Himmel. Aber es regnet nicht! Wir trödeln ziemlich lange herum, denn wir haben heute nur eine kurze Fahrt nach Honningsvåg vor uns - und vielleicht in der Nacht noch zum Nordkapp! In Bequem-Kleidung spazieren wir dann die 5 Minuten zum Eisbärenklub unten am Hurtigruten-Anleger. Wenige Leute sind da und wir stiefeln durch das kleine Volkskundemuseum.

Wir sehen ausgestopfte Tiere aller Art, Werkzeuge, alte Schwarzweiß-Fotografien vom Leben in Hammerfest des 19. Jhdt. und wir sind fasziniert. Unglaublich, wie Menschen ihr Leben bestreiten können! Auch die düstere NS-Zeit wird beleuchtet und der Schock der Menschen, als sie in ihre zerstörte Heimat zurückkamen.

Nachdem wir ein paar Souvenirs gekauft haben, bietet uns eine Japanerin an, uns vor dem berühmten Eisbären zu fotografieren. Ja. gerne! Aber welch Ironie, sie hat es ziemlich vermasselt. Die können doch nicht alle fotografieren! ;-) Dann füllen wir die Anträge aus, zahlen 200 NOK/pP (21 €) und erhalten feierlich unsere - vom Bürgermeister unterschriebenen - Mitgliedsurkunden für den Eisbärenklub, silberne Anstecknadeln und Ausweiskarten sowie tolle Sticker für die Transalps.

Das ist so cool, was für eine großartige Erinnerung! Elvis Presley hat es nicht geschafft - er wollte, aber er erschien nie persönlich. :-) Die Generalversammlung ist immer am 3. Sonntag im Jänner um 18:00. Na mal sehen, ob wir dabei sein können!

Damit ist die mission completed und wir stiefeln ins Hotel zurück und ziehen uns um. Die Eisbär-Nadel stecken wir natürlich gleich stolz an. Um 11:45 brechen wir endlich auf, nachdem wir die Transalps von der dicken Sandschicht befreit haben, die das Meer über Nacht angeweht hat.

Es hat 10°C bei scharfer Brise und wir ziehen uns richtig warm an, inklusive Regengewand. Puuhh, es ist kalt! Es sind wieder 57 km bis Skaidi und beim Diner wollen wir Pause machen. Ist es die Gewöhnung oder ist der Sturm heute weniger heftig, als wir auf dem Rv94 die Küste von Kvaløya entlangdüsen?

Es geht nämlich leichter als gestern und auch die Brücke mit "rutschigem Beton" bei Kvalsund hat ihren Schrecken verloren. Auf jeden Fall erreichen wir ziemlich schnell Skaidi. Wir verlangsamen die Fahrt, jedoch wedeln wir einander mit Handzeichen, dass noch keine Trink-Ess-Rauch-Klo-Wärme-Pause notwendig ist.

Unsere Zeichensprache hat sich nun viele Jahre bewährt, da braucht es kein Bluetooth-Helmfunk-Klump, das unsere Kreise stört! Außerdem regnet es mittlerweile und wir wollen einfach weiter Richtung Ziel.

Die nächsten 23 km auf der zu einer schmalen Straße gewordenen E6 über die Porsanger-Halbinsel sind die einsamste Gegend dieser Reise. Ok, das glaubten wir schon oft, aber diese karge Hochebene des Ráksevárri, die ist vollkommen frei von Zivilisation. Waren im Sennalandet gestern noch Rentiere, ist diese Gegend bis zum Horizont unbelebt! Unglaublich! Wir sind begeistert und gleichzeitig tief beeindruckt und eingeschüchtert. Dieses Land ist so, so anders als alles, was wir kennen!

Es schüttet mittlerweile ziemlich und wir erkennen aus der Tropfsteinhöhle unserer Helme kleine zugefrorene Tümpel am Straßenrand und - hier muss Olderfjord sein! - plötzlich eine T-Kreuzung: links auf der E69 zum Nordkapp und rechts auf der E6 nach Kirkenes, und das ist schon an der russischen Grenze!

Bei schlechter Sicht biegen wir vorsichtig auf die E69 ein und erkennen einen Campingplatz und am linken Fahrbahnrand ein ziemlich abgewracktes Imbiss-Restaurant. Erst als wir direkt davorstehen und uns über die fehlende Unterstell-Möglichkeit ärgern sehen wir, dass es geschlossen ist.

Wir fluchen in unsere Helme, wenden und tuckern ein paar Meter weiter zum "Russenes Kro". Kro bedeutet Pub/Taverne, also was Gutes! Auch hier stehen wir ungeschützt im Regen, nur schnell ins Trockene!

Das grünhaarige, gepiercte Mädchen an der Theke sieht ungerührt zu, wie wir das halbe Lokal volltropfen und unter unserem Tisch aussagekräftige Pfützen hinterlassen. Uns gefällt der Gleichmut der Norweger! Wir sind fast die einzigen Gäste und haben keinen Hunger, uns ist nur ungemütlich. Also bestellen wir den guten Apfelkuchen und Kakao für die Seele, den wir -so wie immer- in der Selbstbedienungsecke finden.

Wir sind ein bissl müde und genervt vom Regen, aber als dann ein paar überlaute Kuttenträger mit ebenso überlauten Motorrädern das Lokal in Beschlag nehmen, wollen wir weiter. Wir schlüpfen in Regenhose und -jacke, machen alles wasserdicht zu und raus! Angelika vergisst vor Vorfreude auf die Regenüberschuhe! "Honningsvåg 99/Nordkapp 129" verheißt das gelbe Schild am Straßenrand, also los! Wir ahnen nicht, was auf uns zukommt...

Wie soll man etwas beschreiben, was für Angelika die schrecklichsten Motorradkilometer ihrer 30jährigen Zweiradkarriere sein werden, ohne wie Jammerlappen zu klingen? Hier ein Versuch:

Die ersten paar Kilometer verlaufen noch über die karg-rauhe Hochebene in einiger Entfernung zum Meer. Aber dann nähert sich die Straße der Uferlinie und so bleibt es dann auch, 90 km lang.

Der Regen prasselt auf uns herunter, von rechts gischt das Polarmeer hoch und links begrenzen Felswände die schmale Straße. Und so geht es geradeaus in die Unendlichkeit des Nirgendwo. Ehrlich? Es ist fürchterlich. Der Wind kommt von quer und zwingt uns auf der nassen Fahrbahn auch bei Geradeaus in böse Schräglagen, wir kommen nicht recht voran. Nein, das ist nicht lustig! So macht das keinen Spaß!

Die Temperatur sinkt auf ambitionierte 5°C, was die Nässe auch nicht angenehmer macht. Und irgendwann passiert es: Angelikas linker Stiefel gibt nach und schöpft Wasser. In kürzester Zeit steht sie knöcheltief im eiskalten Nass und der Windchill ist schrecklich, im Stiefel hat es schnell Minusgrade. Aua! Es gibt auf der ganzen Strecke nichts zum Unterstellen, keine Bushaltestelle, kein Baum, kein Felsvorsprung bietet Schutz ... also weiter, immer weiter, trotz schmerzendem Fuß!

Wir versuchen, uns auf die dramatische Landschaft zu konzentrieren, auf die seltenen Sami-Häuser, die düstere Einsamkeit und die Schönheit absolut unberührter Natur. Und wir halten die Transalps stramm auf Kurs, jetzt nur keine Blöße geben! Nach 75 km erwartet uns der berühmte Nordkapp-Tunnel mit seiner 10%-Steigung, der auf 6,8 km Länge etwa 212 m unter dem Meer auf die Insel Magerøya (dt.: "karge Insel") führt. Dort drin plant Angelika eine Pause, am einzigen trockenen Ort auf diesen 99 km.

Doch sie versäumt die letzte Pannenausweiche im Tunnel und schon sind wir wieder draussen. Da steht gleich nach dem Tunnelausgang rechts eine SOS-Telefonzelle und sie bremst ihre Transalp hart herunter und stiefelt hinein. Endlich im Trockenen!

In der Enge der Telefonzelle zerrt sie den Stiefel vom Fuß und entdeckt, dass das Wasser zu gefrieren begonnen hat. Auweia! Schnell den Fuß warmrubbeln! Didi hilft mit einem Plastiksackerl, mit dem Angelika wieder in den Stiefel steigt und nach einem Becher heißem Kakao und einer Zigarette schaut die Motorradwelt schon wieder anders aus und Angelika verlässt missmutig ihr kleines Wellness-Zentrum...

Die letzten Kilometer bis Honningsvåg sitzen wir stur ab und ignorieren so gut es geht den Regen und den Sturm, der auf der Ebene angreift. Kurz nach dem 4,4 km langen Honningsvågtunnel erkennen wir rechts das rot gestrichene "Vandrerhjem", unsere Unterkunft. Yeehaw!! Kaum dass wir die Transalps im strömenden Regen auf den Parkplatz gewuchtet haben, stehen wir schon triefnass an der Rezeption und checken unser Zimmer. Puuhh, das war eine Fahrt!

Jetzt ist aber alles gut und als allererstes stopfen wir einige nasse Teile in den gratis Wäschetrockner und Angelika steckt den Fön in den Stiefel. Noch etwas Warmes und Kuscheliges anziehen und jetzt können wir entspannen! Später nehmen wir eine heiße Dusche bis alles dampft und kochen uns einen Topf dicke "Ertesuppe" und erholen uns in unserem kleinen Zimmer mit Bier und Schokolade. Dann sehen wir uns um.

Außer uns sind noch 2-3 Motorradfahrer und einige Radfahrer da. Alle wollen zum Nordkapp, aber heute abends wird das wohl nichts mehr. Das Wetter ist zu schlecht! Es herrscht eine Stimmung wie im Basislager am Mt. Everest - jeder möchte hinauf und jeder sucht mittels zahlreicher "mobile devices" und Apps den perfekten Zeitpunkt: bei Sonnenschein, ohne Nebel, ohne Touristen. Natürlich werden keine Erfahrungen ausgetauscht, denn jeder möchte das Nordkapp für sich alleine haben.

Wir finden das seltsam und lustig und bleiben entspannt, unsere App sagt "Regen, die ganze Nacht"! Wir haben heute nichts mehr vor, denn die App behält recht und bevor wir schlafen gehen, unterhalten wir uns mit einem frierenden und nassen deutschen Bikerkollegen. Er hat das Nordkapp als spontane Idee begriffen und - außer ein Topcase voller Bierdosen - überhaupt keine Ausrüstung mit, nicht einmal einen Pullover. Er wird die ganze Nacht lang, alle 2 Stunden erfolglos versuchen, die letzten 31 km zum "Globus" zu schaffen ...

Tageskilometer: 185 km

17. Tag: Nordkapp

Noch bevor wir richtig munter sind, lüpfen wir die Vorhänge. Die Sonne scheint! Ungewöhnlich früh stehen wir auf, ziehen schnell das Motorradgewand an und sitzen um 7:30 schon beim Frühstück. Wir sind die ersten Gäste hier, und das freut uns, denn schließlich wollen auch wir den perfekten Zeitpunkt am Nordkapp erwischen. Leise, wir wollen niemanden aufwecken! 

Wir mampfen nur ein paar hastig geschmierte Aufstrichbrote und Kaffee und um 8:30 sitzen wir schon auf den Transalps. Jetzt erst treffen die anderen im Frühstücksraum ein.& Es ist windig und mit 12°C auch frisch, aber das fällt uns heute gar nicht auf. Während die meisten noch schlafen, tuckern wir leise die paar Meter zum Kreisverkehr und starten auf der E69 los. Nur wenige Meter nach Honningsvåg sind wir wieder in unberührter Einsamkeit. Die Strecke ist wie eine Zusammenfassung der schönsten Abschnitte der Reise!

Hier haben wir die Fahrt zu einem kleinen Film zusammengefasst: >> Clip

Steinige Tundra, kahle Berge, unwirtliche Ebenen, kaum Vegetation und am Horizont meint man, das Ende der Welt zu erkennen, die Klippen! Ab und zu windzerzauste Rentiere, die sich an den kleinen Tümpeln sammeln.

Wir fahren extra langsam, um die Eindrücke in uns aufzusaugen! Wie oft werden wir hier noch fahren? Da, rechts ist ein Campingplatz! Schaut ungemütlich aus in der trüben Morgensonne, unser geübter Camper-Blick erkennt nasses Gras und Schlamm und die Wiese ist in keinem schönen Zustand. Nein, das wäre heute nix für uns.

Nach 10 km die erste Kreuzung und wir halten uns auf der E69. Hier steht ein feuerrotes Schild mit den Daten und Zeiten der verpflichtenden Konvoi-Fahrt! Ja, im Winter darf man hier nicht alleine... Und weiter geht es in sehr gemächlichem Tempo. Kurz darauf könnten wir nach rechts abbiegen und Skarsvåg erreichen, das nördlichste Fischerdorf der Welt. Aber nein! Heute machen wir keine Umwege mehr!

Auf dem gelben Schild steht "Nordkapp 13" und wir bekommen Gänsehaut. So weit sind wir gefahren, so mühsam war das manchmal und nun sind es nur mehr wenige Meter zum Ziel. Die Landschaft, das Nordkapp scheint uns willkommen zu heißen! Das Gefühl, hier die leicht ansteigende Straße entlang zu fahren und zu wissen "Sackgasse, dort gehts endgültig nicht weiter!" ist unbeschreiblich. Man muss es erlebt haben und wenn man nur über ein wenig mehr Gefühl als eine Amöbe verfügt, dann spürt man das auch.

Wir halten die Transalps am sehr kurzen Zügel, denn die beiden wollen einfach nur aufs Ziel losstürmen! Aber wir erachten diese Strecke als teures Dessert und das genießt man in kleinen Stücken. Da ist fast am Ziel eine Gerade, die zuerst hinunter und dann steil bergauf führt und man sieht bereits das Polarmeer hinter den Klippen. Angelika hat beim Schild "Nordkapp 500 m" einen Kloß im Hals, das Gefühl von "Ende der Welt" ist so beeindruckend! Für die 31 km brauchen wir etwa 30 Minuten und um 9:00 stehen wir am Zahlhäuschen.

Jetzt bricht doch die hektische Vorfreude durch und wir hassen das polnische Auto vor uns, dessen Fahrer eeewig braucht, um seinen Eintritt zu bezahlen: "Los, beeil dich, geh weg da!" Als er langsam zur Seite zuckelt, überreicht Angelika dem hübschen Mädchen die beiden Eintrittstickets á 270 NOK (28 €), die wir schon vor Monaten online gekauft haben. Sie wirft schmunzelnd einen kurzen Blick drauf: "Oh, you both are veeery looking forward to see this!". Ja, Baby, mach den Schlagbaum auf!

Kaum ist das Holz oben, reissen wir ambitioniert das Gas auf und brettern ohne Rücksicht auf Verluste über den zerfurchten Parkplatz, um mit einem eleganten Rutscher in der vordersten Reihe stehenzubleiben. Hier sind wenige Menschen und die Wohnmobilisten schlafen noch. Gut!

Während Didi in seiner gewohnt bedächtigen Art sein Klump zusammenpackt, hüpft Angelika schon nervös von einem Bein aufs andere. "Los, komm!" Wir eilen am Besucherzentrum vorbei zum "Globus". Als wir näherkommen, verlangsamen wir die Schritte und schauen ehrfürchtig auf das Stahlding hinauf, das seit 40 Jahren die 71°10'12" markiert.

Das Wichtigste zuerst, Fotos! Mit uns sind noch drei Paare da und man hilft einander und man nimmt Rücksicht, so dass jeder "sein" perfektes Foto bekommt. Wir fotografieren ein italienisches Paar und sie blitzen uns. Was für eine schöne Stimmung hier herrscht! Das gemeinsame Gefühl es geschafft zu haben, eint und wir freuen uns miteinander.

Als wir unsere "Globus-Fotos" im Kasten haben, werden wir ruhiger. Jetzt haben wir alle Zeit der Welt. Wir packen das Stativ aus, das wir bis hierher geschleppt haben und machen unzählige Fotos von der Umgebung, vom hellblauen Polarmeer und von uns selbst.

Erst jetzt fällt uns auf, wie kalt es hier ist. Die Sonne vermag den scharfen Wind nicht zu wärmen, der vom Nordpol herüberbläst. Wir sind froh über unsere Mützen und verstecken die Hände in den Ärmeln der Motorradkluft. Wir werden erst nach der Reise von einem Kumpel erfahren, dass die Webcam des Nordkappzentrums uns hier fotografiert hat...

Wir spazieren lange in dieser unwirklichen Umgebung herum und schauen. Hier gibt es einige Denkmäler und alleine die Klippe, die 300 m senkrecht ins Meer fällt, hält unseren Blick gefangen. Nur ein schmales Geländer trennt uns vom Abgrund. Dahinter an der Kante liegen einige Totenbilder und Gedenksteine, die Menschen für ihre Lieben hier abgelegt haben. Da ist ein Bild einer Motorrad-Gang, die eines verstorbenen Kumpels gedenkt. Hatten sie ihm versprochen, sein Bild ans Nordkapp zu tragen?

Wie fühlte sich der Priester aus Ravenna Francesco Negri hier, der das Kapp als erster Tourist im Winter (!) des Jahres 1664 besuchte? Solche Fragen schwirren uns im Kopf herum, während wir ziellos im Sonnenschein über das Plateau stiefeln.

Als uns richtig kalt wird, betreten wir die Nordkaphalle. Das Besucherzentrum hat heute schon etwas früher aufgesperrt und wir müssen nicht bis 11:00 warten. Fein! Da hinten links ist ein eleganter Stand aufgebaut und dorthin eilen wir zuerst. Hier werden wir Mitglieder des "Royal North Cape Club" und nach dem Zahlen von 2x 175 NOK (19 €) ziehen wir mit unseren schönen Diplomen, Ausweisen und Anstecknadeln stolz von dannen. Der Aufkleber bekommt einen Ehrenplatz am Motorrad! Ab jetzt haben wir lebenslang gratis Eintritt hier. :-)

Jetzt brauchen wir viele Ansichtskarten! 25 Stück kaufen wir im Souvenirshop und dann ziehen wir uns erst mal ins Café zurück. Wir lieben die Tradition im Freundeskreis, einander Ansichtskarten zu schreiben und diese hier werden besonders cool: Das Nordkapp hat ein eigenes Postamt! Wir sitzen lange vor dem großen Panoramafenster, essen Waffeln, trinken Kakao und genießen, hier zu sein. Wir schauen dabei auf den Globus da draußen, der nur mehr zeitweise vom Seenebel freigegeben wird. Wir hören romantische Piano-Musik - da hat wohl ein talentierter Tourist draußen das freistehende Klavier in Beschlag genommen, auf dem jedermann spielen darf!

Wir besuchen den bewegenden Film im unterirdischen Kino, wir sehen die großartige Ausstellung über die Entdeckung des Nordkapps und wir zünden in der kleinen Felsenkapelle eine Kerze an. Ach ja, die sensationelle Lichtshow "4 Jahreszeiten" gucken wir auch noch. Wir vertrödeln richtig Zeit und als wir um 14:00 wieder im Café Platz nehmen, hat der Nebel längst alles da draußen verschluckt. Touristen, die jetzt kommen, sehen nichts mehr. Gar nichts! Das Nordkapp ist da unbarmherzig!

Als wir noch Kaffee trinken und Angelika einen großartigen Krabbensalat jausnet, ergibt sich noch ein sehr nettes Gespräch mit deutschen Bikerkollegen, die soeben angekommen sind. Den Globus sehen sie nicht mehr, aber sie lassen sich die Laune nicht verderben und als wir vom "Königlichen Klub" erzählen, will sich der eine diese Mitgliedschaft auch als Souvenir checken. Um 15:00 latschen wir wieder zu den Motorrädern, die wir im dichten Nebel nicht auf Anhieb finden können.

Es ist wirklich kalt bei feuchten 9°C und der Nebel hier ist anders als zuhause: er ist fast körperlich dicht, wie Watte und er fegt in schnellen und undurchdringlichen Schwaden an uns vorbei. Wie kleine Nadelstiche fühlt sich das im Gesicht an! Wir werfen die Motoren an und die Transalps lassen uns - so wie immer - nicht im Stich. Was für brave Reisegefährten!

Wir rumpeln langsam über den Parkplatz und finden auf die Straße. Die ersten paar Kilometer gehts nur im Schritttempo durch diesen geisterhaften Nebel bergab und wir bedauern die Motorrad- und Fahrradfahrer, die uns entgegenkommen und jetzt zum Nordkapp herauffahren. Sie werden nichts mehr sehen ...

Aber es dauert nicht lange und der Sonnenschein hat uns wieder! Wir kurven die nun schon bekannten 31 km nach Honningsvåg und betrachten noch einmal diese unwirtlich-unwirkliche Gegend. Werden wir hier jemals wieder herkommen? Was hat dieses Land an sich, dass es so eine Sehnsucht auslöst?

Am Rand von Honningsvåg besuchen wir noch kurz den Flughafen und amüsieren uns über die Winzigkeit der Anlage. Wollen wir hier einmal landen? Mal sehen! Jetzt wollen wir aber noch die Kirche besuchen, denn deren Geschichte berührt uns sehr! Das einzige alte Gebäude hier...

So wie viele arktische Städte fiel auch Honningsvåg im Herbst 1944 der NS-Wehrmacht und ihrer "Taktik der verbrannten Erde" zum Opfer, als sich deutsche Besetzungsmacht auf der Flucht vor der Roten Armee aus der Finnmark zurückzog. Die Bewohner, die nicht in Höhlen geflüchtet waren, um dort den arktischen Winter zu überleben, waren zuvor binnen weniger Stunden zwangsevakuiert worden, bevor buchstäblich alle Häuser niedergebrannt und vollkommen zerstört wurden. Nur die 60 Jahre alte Kirche und das Leichenhaus ließen die Soldaten stehen.

Als die Bewohner nach einem Elendswinter in den Höhlen im Sommer 1945 auf Magerøya zurückkehrten, sahen sie ihre Heimat zerstört. Doch die unbeschädigte Kirche gab ihnen Mut und Hoffnung!

So zogen sie in der Kirche ein und wohnten darin. Sie errichteten Schlaflager, Küche und sogar eine Bäckerei, um zu überleben. Das Gebäude gab ihnen Schutz, während sie sofort daran gingen, kleine Wohnhäuser zu errichten und den Ort neu aufzubauen. Der Weihnachtsgottesdienst 1945 war jene Feier, in der die Kirche wieder ihrer religiösen Bestimmung zurückgegeben werden konnte! Was muss das für ein Erlebnis gewesen sein!

Als vor wenigen Jahren der Bürgermeister vorschlug, eine neue Kirche zu bauen, stemmte sich die gesamte Bevölkerung dagegen. Ihre kleine alte Holzkirche muss erhalten bleiben! Und so war es auch...

Wir machen ein paar Fotos des hübschen weißen Gebäudes. Dann finden wir auf der Hauptstraße noch einen kleinen Supermarkt und kaufen Kjøttboller als Fertiggericht, 2 Dosen Bier, Schokolade, Kekse und Orangensaft fürs Abendessen. Jetzt aber schnell zum letzten Programmpunkt hier: wir wollen die berühmte Ice-Bar besichtigen, von der wir schon soviel gehört haben. Sie ist schnell gefunden, liegt sie doch weithin sichtbar am Hurtigruten-Anleger. Moment!

Da ist dieses Schild vor der Lagerhalle "2.110 km til Nordpolen". Da müssen wir noch ein Foto machen! Eigentlich ist die Zufahrt verboten, aber wir machen eh nichts kaputt! Vorsichtig tuckern wir näher.

Als wir die Motorräder dort aufstellen, stapft eilig ein Hafenarbeiter herbei und deutet mit strenger Miene, was wir hier wollen. Wir zeigen auf die Fotoapparate und das Schild, da muss er lachen und lädt uns ein, ausgiebig zu fotografieren. Die sind nett, die Norweger!

Jetzt aber in die Ice-Bar! Wir sind die einzigen Gäste, das ist fein! Also zahlen wir 139 NOK/pP (15 €) und müssen silberne Astronautenumhänge überwerfen. Puuhh, Michelinmännchen in Alufolie, uncool! Aber was sich dann bei -5°C eröffnet, raubt uns den Atem! Buchstäblich der ganze Raum besteht aus glitzernden Eisblöcken á 800kg. Die Lufteinschlüsse funkeln in den 4.200 bunten LED-Lampen. Alles, auch die Möbel, die Theke und sogar die Cocktailgläser sind aus geschliffenem Eis, das immer im März neu aus den gefrorenen Fjorden geschnitten wird!

Es ist unglaublich, ein mystisch-schöner Ort, den zwei Spanier hierher gebaut haben. Vergängliche Schönheit! Wir genießen die zwei süßen Shots, die im Preis inbegriffen sind, bevor wir die "Gläser" in die Hafenbucht werfen und uns dabei etwas wünschen und uns dann auf unsere Transalps schwingen. Das war ein tolles Erlebnis!

Nun gibt es nicht mehr viel zu tun für uns. Nachdem wir uns in der Gemeinschaftsküche mit anderen Herrschaften um eine Kochstelle gerittert und das Match gewonnen haben, kochen wir unser Abendessen und lassen dabei die Eindrücke des heutigen Tages nachwirken. Morgen beginnt die Rückreise und wir bemühen uns, nicht sentimental zu werden, was leider schwerfällt. Das Gefühl von Abschied liegt in der Luft.

Aber wir haben noch ein paar Tage bis nach Hause! Bevor wir schlafen gehen, packen wir unser Zeug zusammen und bitten um ein Lunchpaket fürs Frühstück, denn wir müssen morgen brutal früh ´raus! Die Hurtigruten warten nicht...

Tageskilometer 64km

18. Tag: Hurtigruten "MS Midnatsol" ab Honningsvåg

Oft wurden wir gefragt, warum fahrt ihr mit den Hurtigruten ? Ihr habt doch Motorräder? Erstens haben wir begrenzte Urlaubszeit und können so gemütlich eine große Strecke gen Süden schippern und Zeit sparen. Und zweitens sind die Hurtigruten legendär! Sollte man 1x im Leben gemacht haben. Und drittens können wir so Norwegen aus einer anderen Perspektive betrachten. Klar soweit?

Im späten 19. Jhdt. ist die 1.400 km lange Küste von Bergen nach Kirkenes die wichtigste Transportroute für Güter und Menschen. Verschiedene Schiffe versorgen kleine und kleinste Ortschaften mit dem Notwendigsten, wenn der Landweg zu schwierig oder nicht möglich ist. Doch die unzuverlässigen Schiffe fahren die gefährliche Strecke selten, nicht bei Nacht und die Nacht dauert hier monatelang...

1893 wittert ein ehrgeiziger Mann aus Stokmarkness, Richard With, eine Geschäftsidee und gründet mit seinem Dampfschiff die "Hurtigruten" - die "schnelle Route". Er fährt bis Spitzbergen und baut dort auch ein Hotel! Er kann den berühmten Kapitän Sverdrup anheuern, der auch schon Polarexpeditionen leitete.

In den nächsten Jahrzehnten wird die Strecke ausgebaut, es kommen immer mehr Schiffe dazu. Die Klassen werden abgeschafft und die Touristen nehmen zu. Der Frachtbetrieb läuft ungebrochen weiter. 1964 wird die berühmte "MS Lofoten" in Dienst gestellt, das älteste Schiff, das heute immer noch die Strecke abfährt. 20 Jahre später wird der Postversand beendet, der Frachtbetrieb bleibt.

Die "Hürtirüten" haben das Leben der Menschen verändert. Heute laufen 13 Schiffe in 12 Tagen insgesamt 34 Häfen an. Auch Expeditionen nach Spitzbergen, Grönland, Island oder in die Antarktis werden angeboten. Es sind allerdings immer noch Frachtschiffe, die halt Touristen mitnehmen, keinesfalls Kreuzfahrtschiffe, auch wenn mittlerweile genug Annehmlichkeiten und Luxus geboten wird. Heute sind 70% der Passagiere Touristen...

Der Wecker läutet um 3:45 und wir sind sofort hellwach. Die Helligkeit der arktischen Nächte hilft, jetzt aufzustehen und die Lager abzubrechen. Die Nacht war unruhig, weil 3 österreichische Radfahrer um 22:00 die Sperrstunde der offenen Küche missachtet und bis weit in die Nacht hinein gekocht und gelärmt hatten und dann von der strengen Vermieterin hinausgeworfen wurden.

Als wir aus dem Zimmer schauen, sehen wir rotweißes Absperrband quer über der Küchentüre "DO NOT CROSS!". Hui, strenge Sitten hier! :-) Während Angelika leise in der Küche Kaffee anrührt, holt Didi aus dem Kühlschrank beim Frühstücksbuffet das für uns vorbereitete Lunch-Paket. "Rom 101" steht drauf, das ist unseres! Die sind hier super organisiert!

Eine Dreiviertelstunde später starten wir die braven Zweizylinder, es ist bewölkt bei frischen 7°C. Für die 2,5 km zum Hurtigrutenanleger haben wir uns nicht besonders warm angezogen. Um 4:45 beziehen wir Stellung und frühstücken erstmal. Puuhhh, was für eine unchristliche Zeit! Langsam gesellen sich ein paar Radfahrer dazu und auch ein Auto will an Bord. In der Lagerhalle hinter uns beginnt ein Hafenarbeiter, der zuvor mit einem Gabelstapler große Kisten herangekarrt hat, mit kräftigen Hieben große Fische zu zerlegen...

Um Punkt 5:30 biegt die MS Midnatsol um die Ecke. Oh, was für ein beeindruckender Anblick! Sie ist wohl höher als alle Häuser in Honningsvåg! Angelika prüft noch den korrekten Sitz ihres Anti-Schlecht-Pflasters hinterm Ohr und schon rumpeln wir durch die kleine Eingangstür an der Backbordseite in den Frachtraum.

Eng ist es hier und dass die beiden deutschen Biker mit ihren vollbepackten GS noch nicht reisefertig sind und ihr Gepäck noch verstreut am Boden liegt, hilft jetzt nicht. Aber die Norweger an Bord sind gleichmütig und besitzen Engelsgeduld. (Auf einer italienischen Fähre wäre spätestens jetzt der Teufel los!)

Irgendwann stehen wir dann korrekt zwischen hohen Paletten, verabschieden uns von unseren treuen Reisegefährten für 3 Tage und stiefeln zur Rezeption. Heiß ist es hier. Wir kommen mächtig ins Schwitzen, während der kleine Franzose vor uns eeewig mit seiner Buchung herummurkst und wir sind froh, als es bei uns so schnell und problemlos geht. Innenkabine, "bis Trondheim" - so haben wir es im Winter 2016 online gebucht...

Am Bildschirm der "Bow Camera" sehen wir, dass das Schiff bereits den Hafen verlassen hat, als wir in unsere Kabine Nr. 677 gehen, die Abfahrt war um 5:45.

Die nächsten 3 Tage sind wir an Bord. Sollte euch das nicht interessieren, dann überblättert einfach diese Erzählung. Und noch etwas: die Hurtigruten bieten eine sensationelle Kreuzfahrt, wir wissen das. Wir Landratten waren noch nie solange auf einem Schiff, es war Premiere. Wir haben schnell erkannt, es ist nicht unsere bevorzugte Urlaubsart und es lag ausschließlich nur an uns, wenn wir uns zeitweise nicht wohlgefühlt haben. Aus uns werden keine Kreuzfahrer mehr! Wenn es also manchmal negativ klingt, dann denkt daran...

Nachdem wir die kleine aber hübsche Kabine bezogen und die Motorradklamotten verstaut haben (die brauchen wir jetzt 3 Tage nicht), machen wir uns mal schlau. Ist für uns heute schon Frühstück dabei? Es ist! Mit großer Vorfreude begeben wir uns stilgerecht in bequemer Kleidung ins Restaurant und was sich uns da bietet, übertrifft jede Erwartung. Meterlang sind die tollsten Köstlichkeiten aufgebaut! Süß, pikant, heiß, warm, Bekanntes und Unbekanntes und die große Auswahl an Getränken ... und alles für uns!

Es ist etwa 7:00 und wir sichern uns bei freier Platzwahl einen tollen Platz am Fenster, bevor wir beginnen, fast jede einzelne Speise zu kosten. Oh, was für ein Luxus! Speisend erleben wir die Landung und den kurzen Aufenthalt in Havøysund um 7:45, aber nach 1/4 Stunde geht es weiter.

Nun füllt sich der Saal langsam und wir suchen uns einen Platz am Sonnendeck 9! Da, schau! Gleich nach dem Ausgang ist die ganze linke Seite überdacht und für Raucher vorgesehen! Wir beziehen einen Tisch an der Reling und hier werden wir -bis auf wenige Ausnahmen- die Reise verbringen. Um 10:45 sind wir in Hammerfest! Hier könnten wir an Land gehen, aber wir waren ja vorgestern schon da!

Es ist seltsam, alles nochmal so mühelos zu besuchen, was wir uns vor kurzem selbst erkämpft hatten ... Ja und natürlich sehen wir den Eisbärenklub von oben und wir tragen unsere Anstecknadeln soeben mit besonderem Stolz. Heute passieren wir noch die Häfen "Oksfjord" und "Skjervoy" und wir sitzen an der Reling, trinken Kaffee und gucken hinaus. Wir sind müde vom frühen Aufstehen und auch von den vielen Eindrücken der letzten Tage und so verdösen wir die Zeit bis zum Mittagessen.

Dieses ist einfach eine opulente Verdoppelung des Frühstücksbuffets und wir wissen jetzt schon nicht mehr, wie wir die nächsten 3 Tage essensmengenmäßig überstehen sollen! Auch hier ist freie Platzwahl. Wir können uns noch dunkel an ein Fisch-Gratin und ziemliche Mengen von Kabeljau erinnern. Der Nachmittag vergeht in Müßiggang. Klar, auf so einem Schiff gibt es nichts zu tun und in den "Arctic-Pool" wollen wir nicht. So ein Whirlpool an Deck ist uns nicht geheuer und wir hüllen uns lieber in die kuscheligen Decken, die hier überall herumliegen und schauen hinaus aufs Meer. Es ist ziemlich kalt an Deck!

Für das Abendessen wurden wir der Gruppe um 18:00 zugeteilt und zwar an Tisch 4. Es ist ungewohnt für uns, so fixe Zeiten und fixe Plätze, aber das geht organisatorisch wohl nicht anders. Wir mögen das nicht. Unser Tischnachbarn sind ein Ehepaar in wahrlich äußerst fortgeschrittenem Alter, die ständig etwas zu meckern haben. Es gibt ein Premium-Menü aber die beiden sind dermaßen unzufrieden mit sich selbst, dem Essen, der Welt an sich, dass auch unsere Belastungsgrenze bald erreicht ist. Als er aber dann noch das süße Mädchen grob beleidigt, das uns bedient (und das Service ist hier erstklassigst, obwohl die alle mittlerweile 20 Tage durcharbeiten!), da reißt uns der Geduldsfaden. Das geht so nicht, das muss morgen anders werden!

Nach dem Essen wieseln wir sofort zum "Chef de Rang" und begehren einen neuen Tisch. Wir nennen auch unverblümt den Grund und mit einem feinen Lächeln bucht sie uns sofort einen neuen Tisch (Ha, Zweiertisch!) und die Gruppe um 20:30. Das ist gut! 18:00 ist sowieso viel zu früh zum Essen...

Irgendwie bringen wir die Zeit bis 23:45 rum und schon brüllt der Typhoon los, als wir in den Hafen von Tromsø einfahren. Dieses Geräusch macht Angelika ganz irre, es geht so durch und durch und kommt immer so überraschend! Wir trafen heute zwei Hurtigruten-Schiffe, die "Nordkapp" und die "Finnmarken" und die begrüßten sich mit ihren Typhoons, dass das Schiff erzitterte. Jede Schiffsbegegnung erfordert 7x Höllensirene!

Halbtaub stellen wir uns mit hunderten anderen Gästen in der Lobby an, um das Schiff verlassen zu dürfen. Die Menschenmassen machen uns noch verrückt! Jeder muss seine Bordkarte durch dieses Gerät ziehen, dessen Computerstimme jede einzelne Karte mit einem metallischen "good bye" quittiert. Wir tippeln von Bord und stauen zu den 4 Großbussen, die auf die Touristen warten. Als auch der letzte greise Pensionist endlich seinen Platz eingenommen hat, fahren wir los.

Es geht nur die kurze Strecke über die "Tromsøbrua" zur Eismeerkathedrale, zum Mitternachtskonzert, dem einzigen organisierten Landgang, den wir gebucht haben! Auf das haben wir uns schon lange gefreut! Es nieselt leicht und wir beeilen uns in die Kirche, die aus der Nähe -und von innen- weit weniger beeindruckt als aus der Ferne.

Kaum, dass Ruhe eingekehrt ist, flötet die Sopranistin ein norwegisches Volkslied von der Empore. Oh, das klingt aber toll! Romantisch-sentimental sind diese Weisen, die hier von zwei Sängerinnen und einem Klavierspieler dargeboten werden. Wir hören Volkslieder, Wiegenlieder aus Nordnorwegen, Sommerpsalme aus Schweden, Abendlieder, ein Liebeslied "Jeg elsker dig" und - das ist eigentlich der Höhepunkt - den ehemals verbotenen samischen Joik!

Die Musik ist zum Weinen schön und die Weisen sind so fremdartig, wie sie nur sein können. Das ganze Konzert berührt uns sehr! (Klickt mal HIER drauf. Das ist ein Ausschnitt aus "unserem Konzert"! Diese Sängerin sang auch bei uns genau dieses Lied "Biegga/Wind"!)

Nach dieser wunderschönen Stunde müssen wir wieder in die Busse und an Bord. Es ist 1:00 und wir sitzen noch lange auf unserem Lieblingsplatz an der Reling...

19. Tag: Hurtigruten "MS Midnatsol" - Trollfjord

Als wir aufwachen, sehen wir auf dem Bildschirm der „Bow Camera“ in unserer Kabine, dass wir in einem winzigen Hafen stehen. Ein Blick auf die selbst geschriebene Übersicht zeigt "Harstad". Nun, der Aufenthalt ist kurz und Landgang gibt es keinen, also lassen wir uns mit der Morgentoilette Zeit. Dass das keine besonders gute Idee war, sehen wir dann am Frühstücksbuffet! Es ist komplett überfüllt und wir bekommen nur mit Mühe einen ansprechenden Sitzplatz. Offensichtlich wollen alle 1000 Passagiere gleichzeitig ans Buffet, was uns ziemlich nervt.

Wir sind schon abgeklärt, was die Grandiosität des Angebots betrifft und wählen etwas sorgfältiger aus als gestern. Als wir fertig sind, haben wir auch schon den Hafen von "Risøyham" verlassen, es ist 11:00.

Hier navigiert der Kapitän durch die nur 7 m tiefe Rinne "Risøyrenna" und uns wird ganz mulmig, als wir den hellen Meeresboden knapp unter dem Schiff beobachten, das immerhin 5 m Tiefgang hat! Der gute Mann kommentiert dieses Manöver auch ausgiebig.

Wir sitzen dann auf unserem Lieblingsplatz an der Reling und lassen die fantastische Landschaft des Lofot mit 16 Kn (30 km/h) vorbeiziehen. Hier erfahren wir auch, wie man diese berühmte Gegend ausspricht und wir versuchen, uns das für uns fremde Wort „Luh-futt“ (Einzahl!) zu merken. Vom Mittagsbuffet (während dessen wir in "Sortland" ein- und wieder auslaufen) nehmen wir dann nur eine Kleinigkeit, denn das häufige Essen wird uns langsam zuviel.

Die Fahrt geht den ganzen Nachmittag ruhig dahin und Angelika überlegt, das „Anti-Schlecht-Pflaster“ zu entfernen. Bis jetzt war es komplett unnötig, die Fahrt ist so ruhig! Aber wer weiß, sie lässt es lieber noch drauf; auch wenn sie mittlerweile dank Google ziemlich gut informiert ist über Stabilisatoren und ihre zuverlässige Wirkungsweise ...

Um 14:15 erreichen wir "Stokmarknes". Dieser Ort besitzt eine eigentümliche Schönheit in seiner verlassenen Einsamkeit. Der Gründer der Hurtigruten Richard With wurde hier geboren und daher steht im Hafen das Hurtigruten-Museum. Wir schauen von oben auf die MS Finnmarken aus 1956, die hier als Museumschiff am Trockendock liegt. Wow, waren diese Schiffe einstmals klein! Es gibt organisierten Landgang und zahllose Passagiere strömen im Eiltempo ins Museum. Sie haben nur eine Stunde Zeit, bevor es weitergeht… Wir verzichten auf diesen Stress und beobachten die Szenerie von oben.

Um 17:00 wird es spannend! Der Kapitän verkündet durchs Schiffsmikrophon, dass das Wetter ausreichend gut ist, um den Trollfjord zu besuchen! Das ist nicht selbstverständlich und nicht alle Hurtigrutengäste haben diese Gelegenheit! Der Riesenpott MS Midnatsol schiebt sich langsam durch den Raftsund mit den vielen Untiefen und wir sehen unzählige winzige Schären mit winzigen Häuschen drauf.

Während der Typhoon die Felswände erzittern lässt, holt ein kleines Schnellboot einige zahlende Touristen zum organisierten Ausflug „Seeadler-Safari“ ab. Abenteuerlich, wie ungelenk sich manche da unten ins Boot hinüberwuchten, die MS Midnatsol verringert ihre Geschwindigkeit währenddessen nicht… Wir lassen das bleiben, denn wir sehen – wenn überhaupt – die Vögel ja auch, wenn sie übers Schiff fliegen!

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Wir sichern uns einen guten Platz an der Reling und halten die Fotoapparate gezückt, den Trollfjord wollen wir nicht verpassen! 998 Touristen tun es uns gleich. Während Angelika den Platz verteidigt, holt Didi das Special-Offer "Trollfjord-Punsch", der jetzt um 100 NOK (11 €) ausgeschenkt wird. Das lustige Häferl darf man behalten.

An diesem Getränk nippend (schmeckt wie Weihnachtspunsch ohne Zucker) und fotografierend/filmend beobachten wir, wie der Kapitän sein 22 m breites Schiff durch die nur 100 m schmale Enge in den 2 km langen Fjord bastelt.

Schau! Acht Kajakfahrer da unten halten Respektabstand. Und wieder brüllt der Typhoon! Sollten hier wirklich Trolle wohnen, dann sind sie jetzt garantiert wach und sammeln schon Steine, um uns damit zu bewerfen!

Was für ein schreckliches markerschütterndes Geräusch, während wir so knapp an den über 1000 m hohen Felswänden des Trolltindan vorbeischrammen, dass man sie fast berühren kann! An der breitesten Stelle hat der Fjord 800 m und ganz vorsichtig wendet der Kapitän. Oh, die können schon zur See fahren, die Norweger!

Während wir nach angemessener Zeit wieder aus dem Fjord schippern, holen wir noch einen Nachschlag vom "Troll-Punsch". Das robuste Keramik-Häferl mit dem Bild eines düster blickenden Trolls haben wir jetzt für den Bürokaffee in Verwendung… Ja, und einen Seeadler haben wir auch gesehen, als er über unseren Köpfen kreiste! Die ruhige Fahrt geht weiter und wir lungern wieder auf der Reling herum. Kalt ist es geworden! Bei nur 11°C tun die dicken Decken, die man hier bekommt, ziemlich gut! Um 18:30 laufen wir in Svolvaer ein und hier haben wir 2 Stunden Aufenthalt.

Wir wollen endlich etwas anderes sehen und uns die Füße vertreten, also tippeln wir mit Horden von Touristen von Bord.

Wir machen ein paar Fotos von den berühmten Anblicken des Lofots, vor allem der unzähligen Trockengestelle, auf denen Kabeljau zu Stockfisch wird. Jeder freie Platz wird für solch ein Gestell genutzt!

Später kaufen wir im Supermarkt ein paar Getränke, die wir an Bord schmuggeln wollen. Weil die Preise für Trinkbares sind schon ziemlich jenseitig und immer nur das gratis kalte Leitungswasser nervt auch schon.

Um 20:30 eilen wir wieder ins Schiff und laufen sofort in den Speisesaal, denn unsere Schicht hat jetzt Dinner! Nach dem gestrigen Ärger freuen wir uns über den netten Zweiertisch Nr. 33 und wir finden, dass die Bedienung besonders nett zu uns ist. Das gesetzte Essen ist natürlich eine Sensation und uns begeistert besonders die Beschreibung, die dazu gereicht wird!

Vor lauter Begeisterung und Stolz bestellen wir zum Essen zwei Achterl von dem guten österreichischen Weißwein vom Rabl aus dem Kamptal, der hier angeboten wird. Wir zahlen pro Glas sagenhaft teure 85 NOK (9 €) …

Geräucherte Entenbrust mit Blaubeersirup "Reisa" und Capra-Ziegenkäse vom Hof Aalan Gård
Das Entenfleisch stammt aus Gårdsand im norwegischen Vestfold und wurde unter strikter Einhaltung von Tierschutz- und Nachhaltigkeitsrichtlinien erzeugt. Der Hof Aalan Gård auf den Lofoten ist ein kleines Familienunternehmen, das sich auf die Ziegenhaltung und die Herstellung von Käse und Kräutern spezialisiert hat. Der Hof hat bereits zahlreiche Preise für seine erstklassigen Erzeugnisse bekommen (...)

Kabeljau mit gedünstetem Kohl, Schnittlauchsauce und Birkensalz von Judith i Kabelvåg
Kabeljau spielt in Norwegen ein große Rolle. Der Fisch fühlt sich in den kalten und klaren Gewässern des Nordens so richtig wohl (...) und ist damit der König unter den Fischen. Jahrhundertelang war die Fischerei auf den Lofoten die Lebensgrundlage. Schon die Wikinger nahmen getrockneten Kabeljau mit auf ihre langen Reisen in die Welt.
Judith bleibt nur ein kleines Zeitfenster im Spätfrühling, um im Wald von Kabelvåg Birkenschößlinge per Hand zu schneiden. Zuhause kocht sie die Schößlinge in Meerwasser aus. Eine Prise genügt, um den Kabeljau mit dem Geschmack der Lofoten zu verfeinern.

Gewürzkuchen mit Kompott aus getrockneten Früchten und brauner Käse-Eiscreme von Arkt-Is in Solvaer
Tradition und Innovation! Brunost ist wegen seines mildsüßen Aromas sehr beliebt. (...) Da ist es kein Wunder, dass Jenssøn in seinem Wörterbuch von 1646 von einem "ziemlich hervorragenden Käse" schreibt.
Arkt-Is aus Svolvaer auf den Lofoten stellt sein Eis ausschließlich mit norwegischer Milch von lokalen Bauern her.

Als wir um 22:00 "Stamsund" erreichen, setzt kurz Starkregen ein. Wir beobachten von unserem geschützten Platz aus die Verladetätigkeiten mit den wieselflinken Gabelstaplern und nach 30 Minuten geht es schon weiter.

Um Mitternacht stehen wir dann mit 4-5 ebenfalls fotografierenden Gästen am Oberdeck und beobachten die Mitternachtssonne, wie sie den Horizont berührt und wieder hochsteigt. Der grandiose Regenbogen umrahmt die Szenerie und das alles wirkt völlig unwirklich und wie verzaubert! Mit diesen Eindrücken gehen wir dann ziemlich bald schlafen … 

20. Tag: Hurtigruten "MS Midnatsol" - Torghatten

Fast schon aus Gewohnheit fällt unser erster verschlafener Blick auf den Bildschirm der "Bow Camera": Wow! Blitzblauer Himmel und Sonnenschein! Die Häfen von "Bodø" und "Ørnes" liegen schon hinter uns, als wir nach kurzer Morgentoilette den Speisesaal aufsuchen. Schon wieder rittern alle an Bord befindlichen Touristen gleichzeitig um einen guten Platz und das geht uns langsam auf die Nerven. Wir nehmen nur wenig von den ausladenden Buffet-Tischen, denn bald ist wieder Mittagessen …

Den Nachmittag bringen wir rum mit Fotografieren und Dösen. Wir überlegen sogar, in die Bordsauna zu gehen. Das wäre schon toll, denn wann sieht man schon während des Schwitzgangs auf Fjorde, Schären und das Polarmeer?

Später gehts wieder auf Deck 9, zu unserem Lieblingsplatz. Aber die warmen und sonnigen 18°C haben noch mehr Menschen als sonst ins Freie gelockt und es ist fast kein Platz mehr frei! Menschenmassen wälzen sich übers Deck und manche sitzen bereits auf Decken am Boden. Puuhhh, anstrengend, dieser Lärm! Am Sonnendeck sieht es aus wie in Grado zur Hauptsaison, wäre da nicht diese sensationelle Landschaft da draußen.

Während Didi in seiner gleichmütigen Art kaum aus der Ruhe zu bringen ist, wird Angelika langsam nervös. Sie vermisst die Einsamkeit Norwegens, die Ruhe und ihre Transalp, der im Schiffsbauch mittlerweile wahrscheinlich genau so langweilig ist. Noch ein ganzer Tag an Bord…

Oh, eine Abwechslung gibt es schon! Um 14:00 besuchen wir das grandiose Mittagsbuffet, obwohl wir eigentlich noch keinen Hunger haben. Aber morgen müssen wir wieder von Bord und dann gibts wieder einfachste Camping-Kost. Aus Vernunft schaufeln wir also einige Köstlichkeiten in uns hinein, wobei Unmengen von "Moltebeeren-Kompott" bei Angelika eine gewisse Rolle spielen.

Den Nachmittag bringen wir rum mit Fotografieren und Dösen. Wir überlegen sogar, in die Bordsauna zu gehen. Das wäre schon toll, denn wann sieht man schon während des Schwitzgangs auf Fjorde, Schären und das Polarmeer?

Jedoch ist diese Sauna nach Geschlechtern getrennt und alleine machts weder Didi noch Angelika Spaß. Lieber beobachten wir - neben der Landschaft draußen - die Menschen rund um uns! Da ist dieser nette Herr aus Deutschland, zuhause stolzer Besitzer einer Harley. Unverhohlen beneidet er uns um unseren Urlaub, aber er traut sich so eine Strecke nicht zu. Seine zuhörende Gattin bekräftigt ihn auffällig dabei… Oder dieses junge Ehepaar, vielleicht auf Flitterwochen. Ihr Outfit passt so gar nicht zum Ambiente des Schiffs und die beiden sind der geschenkten Reise und einander offensichtlich überdrüssig.

Und dann noch die vielen Pensionisten, die unglaublich viel Kohle für die 12-tägige Reise investiert haben, die sie offenbar so anödet: Während sie in ihr Strickzeug vertieft ist, liest er in einigen Zeitschriften. Weder reden sie miteinander noch beobachten sie die Landschaft, die sie bereits langweilt. Und wir sehen zahlreiche Hobby-Sportler in gehobenem Alter, die in neonbunter Funktionskleidung und mit viel Elektronik ums Handgelenk stur straffen Schritts schweigend ihre Runden ums Schiff ziehen, den Schrittzähler immer fest im Blick.

Haben die alle an Tag 10 ihrer Reise schon Lagerkoller? Sind die enttäuscht, dass nicht einmal dieser teure Urlaub von der Langeweile des Lebens ablenken kann? Soviel Kohle und alles umsonst? Machen die die "Hurtigruten" nur aus Prestige, damit die Nachbarn zuhause neidisch sind? Gehen die einander schon so auf die Nerven, dass kein Gesprächsthema die gespannte Stimmung übertünchen kann und man lieber schweigt?

Nicht einmal das Überqueren des Polarkreises um 9:15, hier ein einsamer Stahl-Globus auf einer einsamen Schäre namens "Vikingen" im Meer, kurz nach Ørnes, ließ die Leute aufschauen! Wir machen seltsame Beobachtungen an diesem Nachmittag.

Um 17:00 brüllt der Typhoon wieder und der Kapitän kündigt die nächste Sehenswürdigkeit an: Torghatten! Wir schippern langsam an diesem auffällig gestalteten Berg im Nirgendwo des Polarmeers vorbei. Der Eiszeit hat es gefallen, ein 35 x 20 m großes und 160 m langes Loch unterhalb des Gipfels in den Berg zu bohren. Wir fahren ganz nah heran, so nah es die Schären und ihre Untiefen erlauben. Der Kapitän erzählt von Wanderungen, die man durch dieses Loch machen kann und er erzählt auch die Sage vom Torghatten.

Zwei Könige, Vågakallen und Sulitjelmakongen lebten auf den beiden Seiten des Westfjordes. Vågakallen hatte einen Sohn Hestmannen, Sulitjelmakongen hatte sieben Töchter. Diese Sieben waren wohl ausgeflippte Teenager und daher kamen sie zur Jungfrau Lekamøyen zur Erziehung.

Eines Tages wurden die Schwestern mit Lekamøyen bei einem Bad von Hestmannen beobachtet, der sich sofort in die schöne Jungfrau verliebte. Klar, dass er sie entführen wollte! Aber sein Plan wurde aufgedeckt und die acht Frauen flüchteten gemeinsam. Aber nicht lange, denn die Erziehung war wohl weniger gelungen. Die sieben Schwestern blieben absichtlich zurück, eine Heirat mit einem Königssohn erschien ihnen angenehmer als der Verbleib bei ihrer Erzieherin!

Als Lekamøyen aber an Vorsprung gewann, sie konnte wohl ziemlich rennen, denn er verfolgte sie per Pferd, nahm er Pfeil und Bogen und schoss auf sie, um sie aufzuhalten. Klar, kann man machen!

Dies sah sein Vater Vågakallen, und er warf einen Hut zwischen die beiden, der die zukünftige Schwiegertochter schützen sollte. Der Hut blieb auf der Insel Torga liegen, mit einem Durchschussloch von dem Pfeil. Hestmannen jagte seine Angebetete die ganze Nacht, doch als die Sonne aufging, wurden alle an Ort und Stelle zu Stein. So entstanden die Gebirge "Die Sieben Schwestern", die Insel Leka und der Torghatten.

Wir bestaunen dieses Naturdenkmal angemessen und um 18:30 legen wir in Brønnoysund an. Wir haben 1 Stunde Aufenthalt und den nutzen wir für einen Spaziergang in der kleinen Stadt. Angelika besitzt immer noch keine Regenüberhandschuhe und die Haushaltsware aus Hylla hat nicht funktioniert. Hier müssten die doch sowas haben? Die leben alle in der Kälte und am Wasser vom Fischfang, die brauchen doch sicher warme Gummihandschuhe?

Und Volltreffer! In einem kleinen Baumarkt in einem ebenso kleinen Einkaufszentrum bekommt Angelika endlich, was sie sucht: leuchtend orange Gummihandschuhe für "Arktische Fjordfischer", innen flauschig weich und weit genug, um über Motorradhandschuhe zu passen. Großartig! Hier findet Didi auch endlich diese kleine Batterie für seine Uhr am Motorrad, die er schon seit Beginn der Reise vergeblich gesucht hat!

Doch die Zeit läuft, der Freigang ist beendet und wir müssen schnell wieder an Bord. Uns bleibt nur kurz, uns fürs Abendessen frisch zu machen und wir bemerken eine gewisse Aufregung unter den Passagierinnen gesetzteren Alters. "Captain´s Dinner" ist angesagt! (Obwohl, so etwas gibt es traditionell auf diesen Frachtschiffen nicht!) Wir wissen nicht, was das kann und so kleiden wir uns so wie immer, die Jeans und die Icebreaker-Sachen haben schon 3 Wochen durchgehalten, also sind sie noch gut genug für das da. Oder?

Beim Anstellen für den Einlass in den Speisesaal um 20:30 (Men-schen-mas-sen!) – draußen finden gerade die Verladearbeiten in "Rorvik" statt - sehen wir, dass sich einige Dämchen ins Elegante geworfen haben und wir bemerken auch die ein oder andere Krawatte.

Letztendlich ist dies aber ein ganz normales Abendessen, bloß dass der Kapitän und der Reiseleiter davor eine kleine Ansprache halten. Man merkt ihnen dabei die Routine an. Wie oft haben sie sich wohl schon bedankt, dass man ausgerechnet bei ihnen mitgefahren ist?

Wir müssen schmunzeln, als die drei Offiziere in ihren schmucken Uniformen (die sie auf der Brücke sicher nicht tragen) mit einem Glas Sekt durch die Reihen gehen, mit jedem Gast anstoßen und einigen älteren Damen rosige Wangen ins Gesicht zaubern. "Thank you! Vielen Dank! Tusen takk!"

Nun, Angelika war mal Tänzerin und Didi Musiker und wir wissen, wie man Touristen Freude macht! Das Abendessen, an dem die Offiziere nicht teilnehmen, war wie gewohnt sensationell, auch wenn Stockfisch eher nicht zu unserem Leibgericht wird ...

Mit Kräutern gebackener Stockfisch von Halvor mit getrockneten Tomaten, Meerrettichcreme und Sauerkraut
Stockfisch ist ungesalzener Kabeljau, der an der kalten und windgepeitschten Küste Norwegens an Holzgestellen an der Luft getrocknet und natürlich fermentiert wird. Er wird schon in der isländischen Saga von Egil aus dem 13. Jhdt. erwähnt, auf den britischen Inseln ist diese Konservierungsmethode seit 875 v. Chr. bekannt! Er galt lange Zeit als Währung und wurde sogar (...) nach Sizilien exportiert.

Kalbssteak aus Trøndelag mit Pilzen, Räucher-Schinkenspeck aus Mydland und grünen Bohnen
Der zarte Kalbsbraten (...) stammt von lokalen Bauernhöfen in der grünen Region Trøndelag. Bei ihrem Kellner können sie erfragen, von welchem Bauernhof genau ihr Kalbssteak geliefert wurde. Das kleine Familienunternehmen Mydland wurde 1920 von Henrik gegründet (...) und seine Produkte erreichen in Nordnorwegen beinahe Kultstatus. (...)

Suksessterte mit gerösteten Mandeln und einer Creme aus Eiern aus dem Küstenort Rørvik
Die Route der Hurtigruten Schiffe führt (...) an der Hühnerfarm Adnvik Hønseri vorbei. Hier betreibt die Nordrhein-Familie eine regionale Eierproduktion. Mikael und seine Frau arbeiten zusammen mit der Familie unermüdlich daran, uns täglich mit Eiern aus der Region zu beliefern. Auf allen Schiffen werden keine anderen Eier verwendet.
Als der norwegische Polarforscher Ousland 1995 den Südpol auf Skiern erreichte, feierte er Weihnachten mit einer Suksessterte, auf der die norwegische Flagge prangte.

Hier wird wirklich alles geboten, aber nun wollen wir eigentlich schon von Bord. Die Überdosis Tourismusmaschine nervt uns. Das ist nicht unsere Urlaubswelt. Nach dem Essen sitzen wir noch lange auf Deck 9 und wir sehen den ersten Sonnenuntergang seit dem Überqueren des Polarkreises vor 10 Tagen!

Die Fahrt nach Trondheim dauert noch 8 Stunden und die See weiter draußen wird etwas stürmischer - aber nichts, was den Schlaf stört. Angelika fragt sich mittlerweile, warum sie bei dieser ruhigen See seit vorgestern überhaupt ein "Anti-Schlecht-Pflaster" trägt. Oder fragt sie sich das eben genau deswegen…?

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Reise Nordkap

Danke für Euren tollen Bericht, es wird uns für die Streckenplanung helfen.
Wir waren schon oft in Norwegen/Schweden unterwegs, aber bisher noch nicht mit unserem Motorrad . Das werden wir nun ändern, am 2.6.2019 geht es mit dem Schiff nach Helsinki dann Kurs Nord, möglich bis zum Nordkap.
Danke. Gruß.
Bernd+Marion

Antw.:Reise Nordkap

Hej ihr Zwei!

Schweden schauen wir heuer zum ersten Mal, aber Norwegen schon zum dritten Mal... :-)
Anfang Juni ist eine gute Zeit, da sind schon alle Pässe Richtung Norden offen! Oh, wir wünschen euch eine fantastische Fahrt und viel Glück, dass ihr es bis zum "Globus" schafft.
Lasst von euch hören!

Angelika + Didi

Antw.:Antw.:Reise Nordkap

Hallo danke für eure Antwort.
Wir fahren zu zweit auf einem Motorrad, da sollte die Packliste möglichst kurz sein. Camping kommt sowieso nicht in betracht. Die ersten zwei und die letzte Unterkunft (wieder in Helsinki) werden wir vorbuchen, die anderen müssen spontan sein. So können wir auf Wetter und Strecke reagieren ggf. über Tromsö oder Hammerfest wenn es passt.
Gruß
Bernd+Marion

Tag 19

Klasse, wie ihr die Fahrt durch den Trollfjord beschreibt. Das ist unglaublich eng. Und wenn sie dann hupen, glaubt man, die Berge stürzten ein. Ich mag das DoubleSelfie von euch. Ihr seht so hübsch und glücklich und zufrieden aus.
Ach ja, die Seeadler. Man könnte sie so einfach fangen, man braucht nur eine Klaviersaite, ein 50g Bleigewicht, einen mittelgroßen Angelhaken und ein Stück Weißbrot vom Frühstücksbuffet. Aber leider ist es wohl verboten. Pieps und ich waren so enttäuscht, als sie uns zurückgepfiffen haben. Pöh...!

Antw.:Tag 19

Oh danke für das süße Kompliment!
Wir sehen, du hast dich mit ausgeklügelten Fangmethoden ausgiebig beschäftigt. :-)))))

Antw.:Antw.:Tag 19

Gerade les ich noch einmal eure Fahrt auf der Hurtigruten von Nord nach Süd. Das interessiert mich gerade sehr. Müssen wir noch einmal drüber sprechen.

Klasse Bericht! Besonders eure Beobachtungen der Mitreisenden. So habe ich es auch empfunden. Claudia und ich waren damals bei weitem nicht die schrägsten Vögel an Bord.

Tag 18

Gerade gehe ich in Gedanken wieder mit euch auf Reisen. Die Icebar: Darum beneide ich euch, dass ihr dort wart. Und ihr habt die Gläser weggeschmissen wieder in den Fjord? Das ist Recycling, das ich gelten lassen kann :-)

Lärmende Gäste zur Sperrstunde wie ich das hasse und wie gut ich es finde, dass die Wirtin durchgegriffen hat. Das habe ich bisher nur ein einziges Mal erlebt. Meistens passiert: Nix.

Ich finde es richtig klasse, dass ihr Hurtigruten gefahren seid und Manches noch mal von Bord gesehen habt. Bei mir wars genau umgekehrt: Erst an Bord kam mir der Gedanke, das alles noch mal vom Motorrad aus zu sehen. War ein klasse Plan!

Das irre laute Schiffstyphoon empfinde ich jedesmal genauso. Eure ColorLine trompetet mir jeden Tag ins Wohnzimmer und die Schwedenfähre genauso. Ach, ihr Lieben, eine tolle Reise. Nun les ich weiter mit Tag 19.

Antw.:Tag 18

Ja das war schon hübsch, mit dem Schiff einen Teil der Motorradreise zu "wiederholen" aber auch ein bissl sentimental, wenn man während dem Urlaub schon in Erinnerungen zu schwelgen beginnt...

Ich habe den Typhoon gehasst! Gehasst, sag ich dir! Was für ein Geräusch aus der Hölle das ist!
Geli

Antw.:Antw.:Tag 18

Yep! Da bin ich ganz bei dir. Ich stand oben auf Deck der Color Magic mit einem Becher Carlsberg in der Hand, als die Fähre ein paar Segelboote aus der Fahrrinne gehupt hat. Die Segler sind so schnell verschwunden, als wäre der Leibhaftige hinter ihnen her. Und ich bin unter Deck und hab mir ein frisches Höschen angezogen. Hmpff...

Antw.:Antw.:Antw.:Tag 18

Gnihihihihihihiiiiii!!!!

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zuletzt aktualisiert am 18.3.2024