10. Tag: Beynac - Rocamadour - Arpajon

Um 10:00 Uhr sind wir abfahrtsbereit. Wir haben schon ein winziges Frühstück geknabbert, zusammengepackt und unserem schönen Safarizelt "Adieu!" zugerufen. Unsere Stimmung ist heute ein wenig zwiegespalten: Einerseits freuen wir uns nach zwei Pausetagen auf neue Abenteuer aber andererseits ist es in Beynac einfach so wunderschön. Wir trösten uns mit dem Plan, bald wiederzukommen.

Unsere Zeltnachbarn aus Böblingen winken uns nach, als wir langsam und bedächtig vom Platz rollen. Noch hat es angenehme 18°C aber man fühlt bereits, dass wieder ein heißer Tag wird. Schon hebt sich der Schranken bei der Rezeption. Noch ein letzter Blick hoch zur Burg und wir geben Gas.

Wir halten uns an die D703 und kurven die Dordogne entlang. Noch einmal sehen wir die Burgen Castelnaud, Marqueyssac und Fayrac, über die wir vorgestern bei der Bootsfahrt soviel gelernt haben. Nur acht Kilometer später tuckern wir auf den großen Parkplatz am rechten Straßenrand: Wir sind in La Roque-Gageac!

Staunend betrachten wir das Dorf in der Felswand. Wieder eines der Plus beaux villages de France und das ist eine Untertreibung! Es ist unfassbar, wie vor tausend Jahren Menschen den Felsen durchlöcherten und gesicherte Höhlenwohnungen anlegten. Zahlreiche Wikingerangriffe brachten die Laroquois auf diese Idee! So ein Fort Troglodytique haben wir schon 2020 an der Loire besichtigt und auch Matera/Italien hat uns bei der Tour 2016 so beeindruckt.

Die Höhlenfestung bestand bis ins 18. Jhdt und die furchtbaren Schäden vom Felssturz 1957 sind heute nicht mehr zu erkennen. Im etwa 800 Jahre alten La Roque-Gageac wachsen Palmen, Bananen, Passionsfrüchte und allerlei tropische Blumen. Die Biegung der Dordogne und die senkrechte Felsklippe sind für das bemerkenswerte Mikroklima verantwortlich.

Es ist ein magischer Ort und wir können uns nicht sattsehen. Leider haben wir keine Zeit für eine Besichtigung, aber das kommt ganz klar auf die Liste fürs nächste Mal! Seufzend machen wir uns wieder vom Acker. Bis wir nach nur drei Kilometern in Cenac wieder anhalten müssen.

Eine langwierige Baustelle mit nervenzerfetzender Ampelregelung und tiefem Schotterbett hindert unser Vorankommen! Wir schwitzen im Stau in unser Motorradzeug, während die Ampel die Sekunden herunterzählt. Noch ein "schönstes Dorf Frankreichs" liegt auf unserem Weg und wir wollen einen Blick darauf werfen! Wo gehts da hinauf nach Domme?

"ROUTE BARRÉE" kündet ein großes Schild an der Auffahrtsstraße. Und an allen Nebenstraßen. Und an allen Ausweich- und Alternativmöglichkeiten! Stur kurven wir drei- viermal durch die Baustelle und jedes Mal müssen wir bei der verdammten Ampel warten. Es ist eng, es ist staubig, es ist heiß und wir können die D50 nicht finden!

Da! Da ist ein winziger Weg und das könnte sie sein, oder? Wir holpern mit den Transalps über einen Gehsteig und zwischen einer Absperrung durch. D50 steht da! Mit deutlich mehr Power als gestattet, düsen wir den endlich gefundenen Weg entlang. Da gehts hinauf nach Domme, oder? Aber "ROUTE BARRÉE", und diesmal aber richtig.

Angelika flucht gotteslästerlich und zündet sich eine Zigarette an, während Didi schweigsam die Straßensperre untersucht. Nein, hier ist es endgültig vorbei. Und die Sperre schaut nicht so aus, wie wenn sie jemals wieder öffnen würde. Die D50 gibt es nicht mehr und Googlemaps weiß noch nichts davon?

Jetzt meldet sich die Sturheit. Wir werden diesen Ort nicht verlassen, ohne Domme gefunden zu haben! Wir sehen die Altstadt auf dem Felsen doch schon! Es dauert noch -zig Wendemanöver und -zig Verfahrungen und einige "ROUTE BARRÉE", bis wir endlich ganz oben am Stadttor angekommen sind. Für eine Besichtigung fehlt uns jetzt die Zeit. Wir machen ein Foto und weiter gehts.

Im Schritttempo tuckern wir einen schmalen Single-Track steil hinunter und noch einmal durch die "Baustelle der Hölle" und schon geben wir wieder auf der D703 Gas. Mittlerweile hat es 33°C und es ist unerträglich schwül geworden. Wir haben das unangenehme Gefühl, dass uns die Zeit davon läuft.

Vom malerischen Chateau de Montfort, das eine Zeit lang einem Luxus-Uhrmacher aus der Schweiz gehörte und nun die Familie eines französischen Kosmetik-Tycoons beherbergt, machen wir nur ein schnelles Foto und weiter gehts. Doch bei Carsac-Aillac ist "ROUTE BARRÉE". Schon wieder?! Diese Straßensperre der D704 zwingt uns auf einen absurd langen Umweg, wie wir fluchend feststellen. Hoffentlich ist unsere Karte jetzt detailliert genug für diese "Déviation"!

In Souillac ist unser Ziel endlich angeschrieben. Was für ein Glück! Nun bollern wir über die "Straße der Plateaus" durch den "Parc naturel des Causses du Querzy". Wir durchqueren auf weiten und einsamen Hochebenen das Départment Lot in der Region Okzitanien. Klingt das nicht mystisch? Wir haben auf jeden Fall prächtige Ausblicke in die Umgebung und das ein oder andere pittoreske Haus aus grob gehauenen Steinen lässt keine Langeweile aufkommen.

Wir sind jetzt 50 km gefahren und das kleine Frühstück ist schon lange her. Wir bemerken überdeutlich, dass die Gegend nun touristischer wird. Sehr viel touristischer! Die Cafés am Straßenrand werden liebloser, die Häuser moderner in ihrem Outfit. Und einige Reisebusse lassen keinen Zweifel aufkommen: Da vorne liegt schon Rocamadour! Selbst Kulturbanausen ist dieser klingende Name ein Begriff. Hier - und nur hier - wird der berühmte gleichnamige Ziegenkäse hergestellt, der in früheren Jahrhunderten als Zahlungsmittel galt und auch heute noch Gourmands aus aller Welt begeistert.

Das tiefe Tal erscheint unzugänglich und uns ist nicht klar, wo wir in die Stadt fahren könnten. Was für ein elendes Gewirr aus Einbahnen, Parkplätzen, Zu- und Abfahrten und Kreisverkehren! Nach einigem Herumgekurve landen wir auf dem besten Platz für Fotos: Der gut beschrifteten Aussichtsplattform "Le Coin du Photographe".

Was für ein Anblick! Staunend betrachten wir die winzige Stadt, die sich eng an den 150 Meter hohen Felsen klammert und von einer pittoresken Burg gekrönt wird. Fast unwirklich schaut das aus! Wir machen Fotos von der mittelalterlichen Pilgerstadt, die immerhin zu den meist besuchten Stätten Frankreichs gehört. Beim Anblick der engen Häuserschluchten geben wir die Idee auf, mit den Motorrädern da hinüber zu fahren. Vermutlich ist es auch verboten.

Lieber suchen wir ein Café für ein zweites Frühstück! Es ist 12:00 Uhr und wir haben Hunger bekommen. Suchend tuckern wir die Straße rund um Rocamadour entlang. Doch kein Lokal will uns gefallen! Hier ist alles sehr künstlich, sehr laut und sehr auf Massentourismus ausgerichtet.

Als wir schon weiterfahren wollen, entscheiden wir uns spontan für ein Eck-Restaurant "Au Panorama". Hier gibt es wenigstens einen kleinen Parkplatz für zwei Transalps! "Long story short", das Omelette war gut und der Gastgarten hübsch. Jedoch war das Service unter jeder Sau! Hier hat man Freundlichkeit und Gastfreundschaft nicht notwendig und - leider! - das merkt man auch.

Wir verschwinden alsbald von diesem Ort, von dem wir uns - ehrlicherweise - mehr erhofft haben. Unsere Karte führt uns auf die D673 und das war eine gute Idee! In zahlreichen engen Kurven geht es nun durch Wälder, über weite Ackerflächen und grüne Wiesen durch Okzitanien. Purer Motorradspaß!

Weil Angelika während der wilden Fahrt auf der Landkarte einen bestimmten Ort entdeckt, wirft sie plötzlich Anker und lenkt auf einen winzigen Single-Track. Irgendwo dort hinten ist Autoire! Unvermittelt durchqueren wir eine enge und felsige Kluft. Schau, den tollen Wasserfall! Doch an diesem letzten Tag im Mai ist der kleine Parkplatz überfüllt und wir finden keine Nische um stehen zu bleiben. Macht nichts!

Auch Autoire zählt sich zu den "schönsten Dörfern Frankreichs" und tatsächlich drängen sich unzählige blumengeschmückte Steinhäuser dicht an dicht und bieten einen pittoresken Anblick. Kein Wunder, dass der Adel schon vor 400 Jahren hier urlaubte! Machen wir eine Pause? Doch die kleinen Lokale sind allesamt gut besucht und wir beschließen, ohne Kaffee weiterzufahren.

Wir passieren Sousceyrac-en-Quercy, der Name weit spektakulärer als der Ort. Wir sind nun auf der D140 und verlassen die Region Lot auf wildem Kurvengeschlängel. "Willkommen in der Auvergne!" grüßt uns ein großes Schild und wir werden schlagartig sentimental. Hier waren wir am Anfang der Reise. Das wunderschöne Périgord liegt nun weit hinter uns und wir fahren schon wieder gen Osten. Deshalb und wegen der unangenehm schwülen Hitze machen wir eine kurze Pause.

Wir sitzen auf einer wackeligen Holzbank am Straßenrand und freuen uns. Unsere neuen Alu-Topcase funktionieren als Kühlboxen ganz hervorragend! Der letzte Apfel aus Hautoreille ist seit Tagen ganz frisch und auch Schokolade und Kekse haben keine gröberen Probleme. Nicht nur unsere neue Gepäckslösung begeistert uns, auch die teure Neuanschaffung von GIVI macht sich mehr als bezahlt!

Noch ein paar Kilometer Kurvenspaß durch dichten Wald und ein paar unbekannte Dörfer liegen hinter uns, als wir auf die Schnellstraße N122 stoßen. Auf Anraten von Frankreichkennern versuchen wir ja grundsätzlich, die N-Straßen zu vermeiden, aber diese hier ist einfach nur eine breitere Bundesstraße, vergleichbar unserer B3 am Donauufer und genauso schön zu fahren.

Wir sind müde geworden, als wir im Großraum von Aurillac unsere Abfahrt suchen. Wo ist dieses verdammte Arpajon-sur-Cere? So schwer kann das ja nicht sein?! Wir kurven ein wenig herum, bis wir ein verheißungsvolles Schild finden. Da lang! Wir sind jetzt 70 km gefahren und mit maximal 80 km/h kommt man nicht so schnell voran, wie man erhofft.

Denn als wir um Punkt 16:45 Uhr die Motorräder in den kleinen Hinterhof unserer Unterkunft wuchten, fängt es in dicken Tropfen zu regnen an. Puuhhh! Das war knapp! Das Mistwetter stört uns heute Abend nicht. Die Umgebung ist vollkommen unattraktiv und das Restaurant "Felix Café" bietet eine schöne Speisekarte. Hier bleiben wir!

Wir bekommen vom entzückenden Personal um 18:30 Uhr ein großartiges Abendessen zu zugegebenemaßen ambitionierten Preise serviert und es schmeckt so köstlich, dass uns die fast 70,- EUR nicht leid tun. Plötzlich geht draußen ein Wolkenbruch nieder, der seinesgleichen sucht. Weißt du was? Morgen warten einige Höhepunkte auf uns. Es ist erst 21:00 Uhr aber wir gehen lieber früh schlafen. Gute Nacht, Frankreich!

Tageskilometer: 165 km

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ROUTE BARRÉE in Okzitanien

Rocamadour

Hallo!
Schade, dass ihr Rocamadour nicht besichtigt habt. Das ist absolutes Pflichtprogramm! Vielleicht habt ihr zu einem späteren Zeitpunkt die Gelegenheit dazu.
Der Massentourismus dort gleich Mt St Michel, keine Frage. Rocamadour erschien mir aber noch mehr als Pilgerstadt, weniger reiner Tourimus.
Liebe Grüße
Moni

Rocamadour und Route Barrée

Die Aufnahme von Rocamadour ist sensationell. Dort möchte ich auch mal hin. An der Dordogne ist so viel zu sehen. Vielleicht fähre sogar eine Motorradreise entlang der Dordogne ein interessantes Thema.
Andererseits sind Orte wie Rocamadour auch gnadenlos überlaufen, da reicht mitunter ein Foto aus der Ferne.
Umgekehrt war das in La Roque-Gageac nicht so extrem, oder?
Das Thema ROUTE BARRÉE ist ein nerviges. Nicht nur in Frankreich. Man kann das mit kurzen Etappen ein wenig ausgleichen, weil man dann genug Zeit hat. Dennoch, bei über 30° in Motorradsachen über einer Landkarte zu brüten, ist ätzend!
Die Fotos des Abendessens sind sehr Appetit anregend. Ihr hattet sicher Gäste, oder?!
:-)))
Svenja

Antw.:Rocamadour und Route Barrée

Ja, Flussreisen sind so ein Thema. Könnte ziemlich toll sein, oder auch die komplette Niederlage. Also an der Loire brauch ich das nicht nocheinmal...
Man sieht den Fluss nie, auch wenn er nur wenige hundert Meter neben der Straße verläuft.

Rocamadour ist vermutlich das Kitzbühel Frankreichs. Gnadenloser Overtourism aber trotzdem schön. Ok, Kitzbühel nur im Winter...

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zuletzt aktualisiert am 17.4.2024