4. Tag: Lörrach - Langres

Boah, wir haben tief und fest geschlafen! Darum stört es uns auch nicht, dass der Wecker schon um 7:00 Uhr loskreischt. Wir haben uns für diese Reise vorgenommen, Frühaufsteher zu sein und dafür am Nachmittag länger das Camping- und Hüttenleben zu genießen. Ob wir das die ganze Reise durchhalten?

Draußen ist perfektes Motorradwetter! Es hat sonnige 13°C als wir nach einer selbst zubereiteten Tasse Kaffee um 8:40 Uhr losfahren. Wir sind ein wenig unruhig. Das Straßennetz Lörrach/Basel/Weil am Rhein ist auf unserer Karte unklar dargestellt. Und vor drei Jahren hat uns - auf Grund der umfangreichen Baustellen und Umleitungen - letztendlich die nette Schweizer Polizei über die Palmrain-Brücke nach Frankreich gelotst. Nach einem Kurzbesuch von Basel und Weil am Rhein. Diese Schmach wollen wir diesmal auf jeden Fall vermeiden!

Darum haben wir den Weg auswendig gelernt und Angelika wirft auch noch Googlemaps an. Mit den billigen Ohrstöpseln sollte die "Fahrt nach Ansage" wie üblich funktionieren!

Aber irgendwas ist immer. Schon wenige Kilometer später ist der Weg verloren und wir kurven im Schritttempo durch ein Industriegebiet am Rand von Basel. Auch die Brücke, über die uns Larry Page nun lotst, ist uns unbekannt.

Doch mitten auf der "Dreirosen-Brücke" sind wir in Frankreich! Wir halten sofort an, um uns zu orientieren, während der LKW-Schwerverkehr an uns vorbei donnert. Nein, hier wollten wir nicht fahren! Wo - verdammt noch mal! - ist die hübsche Straße vom letzten Mal?!

Es dauert eine Zeit durchs unattraktives Industriegebiet, bis wir über Saint-Louis und Hésingue auf die gesuchte  B419 finden. Der Umweg über Blotzheim wäre dann gar nicht mehr notwendig gewesen...

Wir kurven zügig durch die "Freigrafschaft Burgund". Es ist eine gemächliche Landschaft mit weiten grünen Wiesen und hübschen Dörfern. Die zahlreichen Fachwerkhäuser haben uns schon beim ersten Mal begeistert, als wir hier durchgefahren sind. Wir lieben es, zahlreiche Plätze wieder zu erkennen!

Die weißen Charolais-Rinder stehen immer noch da und immer noch beobachten sie kauend ihr Territorium. Die Bourgogne ist eine beschauliche Gegend! Nur ein größerer Ort "Altkirch" unterbricht das gemütliche Fahren aber da sind wir schnell durch. Auch Belfort mit seiner wuchtigen Zitadelle durchqueren wir heute auf einem Rutsch. Das war vor drei Jahren komplizierter und wahrscheinlich hatten wir diesmal einfach nur Glück.

Mittlerweile hat es drückend-schwüle 27°C und vermutlich ist Angelika deswegen in der alten Garnisonsstadt nicht zur Tankstelle eingebogen. War das ein Fehler? Denn wir cruisen wieder durch die einsame Region, in der nur einige menschenleere Dörfer die Eintönigkeit unterbrechen. Die Felder sind oft gelbvertrocknet, hier scheint es - anders als in Österreich - in den letzten Wochen kaum geregnet zu haben.

Eintönigkeit? Nun, nicht für Dietmar, dem ein aggressiv-entnervter Belgier völlig blödsinnig nach seinem Leben trachtet! Was stimmt denn mit dem nicht?! Ein unfaires Match, PKW gegen Motorrad! Irgendwie kann Didi sich aus der gefährlichen Situation retten und wird noch lange danach wütend an diese unnötige Gefährdung zurück denken...

Wir brauchen dringend Benzin und Frühstück! Doch die kleinen Ortschaften bieten weder noch und wir werden langsam unruhig. Mal sehen, was sich in Ronchamp tut? Die kleine graue Steinkirche ist auf der trockenen Ebene weithin sichtbar und der Ort ist auf der Karte fett eingezeichnet.

Was für ein Glück! Der Supermarkt hat zwar geschlossen, doch die abgewrackte Zapfsäule am Vorplatz funktioniert klaglos. Aber was ist mit Frühstück? Ganz kurz überlegen wir, dem Pizzaautomaten da drüben zwei Stück zu entlocken. Den kaum mehr lesbaren Aufschriften zufolge wären die sogar "chaud". Nö, das machen wir nicht! Heiße Pizza geht zwar immer aber unser erstes Frühstück in Frankreich soll nicht aus dem Automaten kommen!

Wir kurven aufmerksam weiter, immer auf der Suche nach einer Bäckerei oder einem Imbiss. Das Vokabel "Boulangerie" gehört neben "Patisserie" und "Boucher" zu unserem begrenzten französischen Wortschatz.

Die Kleinstadt Lure umrunden wir rasch auf der Schnellstraße D64. Die Transalps hängen auch in ihrem 23. Lebensjahr gut am Gas und die 30 Kilometer bis Luxeuil-Les-Bains dauern nur kurz. Da ist schon der große Kreisverkehr, der uns auf die nordgehende D57 bringt! Aber wo fährt Angelika bloß hin? Didi hupt aber folgt letztendlich vertrauensvoll, obwohl sie eine falsche Abfahrt wählt!

Doch nicht immer bedeutet dies, dass wir uns verfahren haben! Angelika hat eine kleine Bäckerei entdeckt, die mitten im Wirrwarr der Kreisverkehre mit schweren Holzbänken Gäste anlocken will. Klasse! Nur Augenblicke später stehen die beiden Hondas vor dem hübschen Laden und wir vor der ausladenden Theke mit pikanten und süßen Köstlichkeiten.

Vergnügt mampfen wir das warme und mit Käse und Fleisch gefüllte Gebäck in uns hinein. Die Mini-Quiches haben wir schon bei der letzten Frankreichreise so geliebt! Dazu ein paar Häferl starker Kaffee und wir sind wieder wir selbst. So wie gestern frühstücken wir erst um 12:00 Uhr. Viel zu spät für uns! Das müssen wir ab jetzt anders organisieren.

Wir freuen uns auf den letzten Abschnitt der heutigen Fahrt! So gute Erinnerungen an uralte Steindörfer, weiße Rinderherden und eine einsame aber beschaulich-schöne Landschaft. Komm, lass uns losfahren!

Die D64 ist eine eilig zu fahrende Bundesstraße, die uns an unsere Hausstrecken erinnert und Spaß macht! Das Asphaltband kurvt zwischen Wäldchen, Wiesen und dichtem Buschwerk dahin und fast hätten wir im Kreisverkehr die Abzweigung zur D417 übersehen. Hier ist Bourbonne-Les-Bains erstmals angeschrieben. Mit diesem Dörfchen hat es etwas auf sich, aber dazu später!

Doch jetzt lassen wir die Hondas vom Zügel und schwingen rasant die kurvige Straße entlang. Auf diese 90 Kilometer haben wir uns schon bei der Reiseplanung gefreut und wir werden nicht enttäuscht! Die kleinen alten Steindörfer, graue Granithäuser in allen Stadien des Verfalls, manche bunt mit Blumen geschmückt, manche offenbar aufgegeben und manche bereits verfallen.

Nur die Bürgermeisterei "Mairie" ist immer, immer mit Tricolore und Blumen geschmückt, so klein kann das Kaff gar nicht sein! EU-Fahnen gibt es weniger. 

Und dazwischen die weitläufigen Weiden, gut bevölkert von den Charolais und ihren wolligen Nachbarn, den Schafen. Wir versuchen, während der Fahrt viele Fotos zu knipsen, besonders in Vauvillers, Corre und Fresnes-sur-Apance. Manche Orte hier gehören noch zum Bezirk der Vogesen und das finden wir doch erstaunlich!

Bourbonne-Les-Bains! Es ist 13:30, als wir auf den wohlbekannten Hauptplatz einbiegen. Schau, da vorne! Unser Eck-Lokal gibt es noch! Aber sieht es nicht völlig anders aus? Wo ist die grau-versiffte Hausecke?

Schnell die Hondas auf den Parkplatz gewuchtet und hinein. Oh, was ist denn hier passiert? Eine Neuübernahme inkl. Modernisierung? Die zahnlosen Pastis-Trinker mit ihren Schiebermützen sitzen zwar noch da aber jetzt passen sie kaum in das knallfarbene Ambiente. Regina ist nicht mehr da und ein gewisser Pedro hat hier übernommen und alles neu gestaltet.

Egal! Die Tradition verlangt es und so hocken wir kurz darauf mit zwei eisgekühlten Coca-Cola vor dem Laden und betrachten den hübschen Platz. Es war nämlich eine Erzählung in einem gewissen Reisebericht, die uns vor drei Jahren erstmals in dieses Lokal gelockt hat. Diese Brasserie war schon bei unserer ersten Frankreichreise unser erster Pausenplatz. Irgendwie fängt für uns hier der Urlaub an. Warum dies so ist, können wir nicht genau erklären, aber so ist das halt.

Bourbonne wirkt in seinem staubigen Sonnenlicht wie ein aus der Zeit gefallenes Dorf am Rande der Geschichte. Dennoch verbirgt sich hier irgendwo eine hypermoderne Therme mit Spa und allem Luxus. Irgendwann werden wir mal schauen, wo das ist. Heute jedoch versuchen wir nur, unsere Getränkedosen vor dem Sturm zu sichern. Die Blumen aus dem Laden nebenan schauen schon ganz zerzaust drein!

Für die letzte halbe Stunde der Fahrt brauchen wir keine Karten. Wir kennen den Weg seit dem letzten Besuch! Eilig verlassen wir Bourbonne-Les-Bains über die lange Gerade, die hinauf auf die ausgedehnte Hochebene Richtung Langres führt. Augen offenhalten, denn gleich geht es scharf links! Es ist ein schmaler Weg, den man leicht übersieht, aber der ungewöhnlich klingende Ortsname "Saulxures" hilft unserer Orientierung.

Wir rollen zügig durch winzige Dörfer, Bauernweiler mit ein paar Häuschen, die schon bessere Zeiten gesehen haben. Die gallisch-römische Villa in Andilly-en-Bassigny haben wir schon beim letzten Mal besucht. Der Luxus reicher Leute ist hier lange Geschichte.

Heute haben wir es eilig! Der erste Höhepunkt der Reise wartet auf uns und wir wollen keine Zeit mehr verlieren als wir durch das Örtchen Bannes düsen. Da! Links ist das Schild zum Camping Hautoreille! Wohlbekannt aus gewissen Reiseberichten und mit großartigen Referenzen!

Es ist mit 15:00 Uhr viel zu früh, als wir vor dem Schranken stehen und uns orientieren. Das kleine grüne Salewa Denali III und die hochbeinige Honda CRF Rally da drüben sind nicht zu übersehen!

Und während Svenja aus dem Zelt hüpft und auf uns zueilt, schlendert auch schon Benjamin zu uns rüber. Der Besitzer des Campings deutet breit grinsend mit dem Kopf auf Zelt und Honda: "Ich nehme an, ihr gehört zu ihr?" Wir nicken eifrig und schon geht der Schranken auf. Early Check-In für Freunde der Stammgäste? Klasse!

Was für ein Wiedersehen! Zu lange haben wir unsere Freundin nicht getroffen und es gibt viel zu feiern: Berufliches, die Reise, das Leben, die Freundschaft! Doch zuvor rollen wir noch über den Platz zu unserem "Tent Cabane" und sind schon beim ersten Anblick beeindruckt:

Ein sandfarbenes Stockzelt, wie es auch "Jenseits von Afrika" eine gute Figur machen würde! Unsere allererste Motorradreisenacht im Zelt wird angemessen luxuriös sein!

Wir haben eine kleine Sitzlounge im Erdgeschoß und als Angelika als Überraschung drei Fläschchen Willkommens-Pastis aus dem Topcase zaubert, kontert Svenja ebenso überraschend mit einer veritablen Käsevariation, Salami, Baguette und Wein. Wir hatten wohl alle die gleiche Idee!

Später verlegen wir unsere Lounge-Party ins wunderhübsche Camping-Restaurant. Wir wollen schließlich etwas essen und Wein trinken! Links das uralte Steinhaus, der blumenbunte Garten und der blitzblaue Himmel im Sonnenschein! Und fettes Entrecôte frites, knusprige Calamari Fritti, leckeres Bœuf Bourguignon und Pfefferminz-Eis unter dem Schatten von Weinlaub. Dieser Abend könnte besonderer nicht sein!

Nach Jahren der Besuche können wir die "Godmother of Endurowandern" (© Eggi) endlich mal zu *uns* nach Hause einladen, also quasi. Deshalb lassen wir nach Einbruch der Dunkelheit den intensiven Abend bei einem guten Bordeaux in unserem Nobel-Zelt ausklingen. Das leckere Tröpfchen hat Angelika vorhin noch aus dem Camping-Shop mitgenommen. Um 18,- EUR muss der lecker sein!

Als Svenja viel später fröhlich beschwingt zu ihrem kleinen Zelt zurück spaziert, gehen auch wir stillvergnügt schlafen. Was für eine lustige und spannende, warmherzige und vertraute Freundschaft!
Morgen gibts gemeinsames Frühstück!

Tageskilometer: 230 km

Hier geht die Reise weiter: >> klick

Nach der Fahrt feiern Freunde in Frankreich!

Perdue en France….

Auszug aus Eurem Bericht: „Manche Orte hier gehören noch zum Bezirk der Vogesen und das finden wir doch erstaunlich!“
Nö ist es nicht… Da Ihr Euch nicht mal ansatzweise in der Bourgogne befunden habt….

Freundschaften

Ich finde es bewegend, wie man eure Freude darüber spürt, eure Freundin dort getroffen zu haben. Svendura ist aus Kiel, oder? Das wäre dann sehr weit weg von euch und sicher nicht einfach, sich oft zu sehen.
Danke für die Erzählung!
LG TinA

Antw.:Freundschaften

Ja, Svendura wohnt in Kiel und wir sehen uns leider nicht so oft. Wenn wir es schaffen, dann ist es umso toller! ;-)
LG Geli

gemeinsame tour?

hallo!
voriges jahr habe ich euch gefragt, ob ihr mit svendura, deren berichte ich alle lese, auch gemeinsame touren fahrt und ihr habt verneint. ;-) war das heuer eine premiere?
lg herby

Antw.:gemeinsame tour?

Hallo Herby,
nein, eine gemeinsame Tour war das nicht. Wir haben uns dort - beinahe zufällig - getroffen. Wussten wir doch beide, dass und wann wir ungefähr in diesem Camp übernachten würden. Das war echt schön.
LG Svenja

Antw.:gemeinsame tour?

Hi herby,
Svenja hat es schon erklärt. :-D
Gemeinsame Touren fahren wir nicht, also bisher nicht. Das wäre vermutlich weder für Svenja etwas, noch für uns. ;-) Unsere Reisevorstellungen, Bedürfnisse und die Skills sind so verschieden.
Aber es war ein fantastischer gemeinsamer Abend!
LG Geli

borbonne

hallo ihr zwei! ich finde es schön, dass ihr bekannte plätze wieder aufsucht. ich mache das auch und ich fühle mich dann immer ein wenig zu hause. dass ihr abens noch freunde getroffen habt, ist großartig und bereichert diesen tag nochmals.

danke für die erzählung und dass wir daran teilhaben dürfen!

lg Martina

Antw.:borbonne

Liebe Martina,
danke für das nette Posting! Ja, das war schon ein besonderer Abend in Hautoreille.
LG Geli

Und ich komm' auch drin vor

Danke, ihr Lieben, für diesen toll beschriebenen Reisetag. Meine Güte, ich erinnere mich so gerne an den Abend. Das Baumhauszelt, das ihr für die Nacht hattet, ist aber auch mega klasse. Eine eigene Terrasse und ein Bett im Obergeschoss. Meine Güte, famos!
Und endlich, endlich hab ich mal nicht allein im Restaurant vom Camp Hautoreille gesessen, sondern hatte Freunde dabei, die gut gegessen, und gut getrunken haben. Oh ja!
Sonst sitz ich da immer allein wie jemand, mit dem niemand spielen will. Aber der Monsieur le Camping, Benjamin, ist immer sehr charmant. Doch, da haben wir uns wohlgefühlt.
Der Tag ist wunderbar warmherzig geschrieben. Danke dafür und danke, dass ich auch drin vorkomm'.
Lieben Gruß
Svenja

Antw.:Und ich komm' auch drin vor

Was haben wir dort gefeiert und "miteinander gespielt"! Ich denke noch so oft daran zurück! War das nicht cool, dieses Zelt? Und der Platz ist so klasse, das Essen so gut und Benjamin so ein Charmeur. :-)
Was bleibt, ist eine wunderbare Erinnerung an Hautoreille 2023!
Geli

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zuletzt aktualisiert am 17.4.2024